Christian Hoischen - " Ohne Zweifel“, Monopol Magazin 2012

Christian Hoischens Bilder sind von einem alles durchdringenden Eklektizismus. Angefangen beim Material: Die Überlagerung von Styropor und Epoxidharz hat etwas von einem Surfbrett, in das der Künstler mit Lackfarben wolkige, düster-süßliche Bildwelten eingeschrieben hat. Die hautähnliche Haptik verleiht ihnen etwas Objekthaftes, was sich aus Hoischens Arbeit als Bildhauer ableiten lässt: In verfremdeten Autos, Lampen oder abstrakten Assemblagen balanciert er zwischen Ready-Made, Design und Kunstfigur – Dinge, die seltsam belebt erscheinen, als wären sie an einem Filmset zurückgelassen. Auch in Hoischens Malerei scheint der Mensch an- und abwesend zugleich. Seine Motive, die er mit einem Blick für Altbekanntes im Internet sucht, transportieren eine fragmentierte Vergangenheit, sei es Barock, Pop Art oder Psycho-Thriller. Teilweise direkt vom Monitor abfotografiert, druckt Hoischen sie auf Papier aus, wo sie die Schablonen bilden, von der aus er sie erst auf transparente Gummimatten überträgt und dann spiegelverkehrt auf Epoxidharz abpaust, den eigentlichen Bildträger. Das Resultat sind Überlagerungen von Signets voller kunst- und filmhistorischer Verweise: Caravaggios Der ungläubige Thomas trifft auf Romy Schneider, eingefasst von geometrischen Farbfeldern. Der Death-Metal-Schriftzug von David Lynchs Psycho-Streifen Inland Empire ziert schlafende Nackte vor einem Spiegel mit Goldrahmen. Ein leerer modernistischer Stuhl wirkt, als hätte ihn kurz zuvor einer von Francis Bacons Päpsten verlassen. Eine Rokokovase erinnert an eine Urne. Tatsächlich ist Hoischens Malerei eine sanft verschwommene, morbide Mischung aus Gothic-Kitsch und Pop Collage, ergänzt durch Flecken und Farbkleckse, die sich wie informelle Fußnoten über das fahle Licht der Freiflächen verteilen. Selbst atelierfrische Bilder wirken daher wie ramponierte Zeugnisse der Postmoderne. Verfall und Historismus, die klassischen Themen der Dekadenz-Ära gegen Ende des 19. Jahrhunderts, kondensiert Hoischen in einer Sprache, die das 21. Jahrhundert als Wiedergänger dieser Zeit entlarvt.“

Quelle: Monopol Magazin

 

Christian Hoischen, 1. Biennale für Internationale Lichtkunst 2010

Das schon in der Malerei von Christian Hoischen angelegte Zusammenspiel von (Zer-) Störung und Gestaltung erfährt in seinen Skulpturen eine kompromisslose Zuspitzung. In zwei sehr unterschiedlichen Privathäusern arrangiert er seine im Material identischen Werke – Beton, metallene Kabelschläuche, Sprühlack und eine Glühlampe. Nur in ihrem formalen Zustand unterscheiden sie sich: Während Geklärt im rechten Winkel (Dallmann-

Schaffeld) noch deutlich eine vertikale Ausrichtung aufweist, hat Geklärt im rechten Winkel (Zorc) seine Ausdehnung eher in der Horizontale. Je nachdem, in welcher Reihenfolge der Betrachter den Arbeiten begegnet, lässt sich ihr Zustand als ein Sich-Aufrichten oder Zusammenbrechen lesen.

Damit verstärkt sich der Ausdruck des Prozesshaften in Hoischens Arbeit.

Quelle: 1. Biennale für Internationale Lichtkunst

 

VERTRAUTES TERRAIN 2009
Aktuelle Kunst in & über Deutschland
Verlag: Kehrer

CHRISTIAN HOISCHEN
*1966 in Köln, lebt und arbeitet in Berlin

Christian Hoischen arbeitet mit Schichten und Überlagerungen von Bedeutungen. Zwar verwendet der Künstler in seinen Gemälden und Skulpturen konkrete Alltagsgegenstände, gesellschaftliche Statussymbole oder Versatzstücke der Medienwelt, jedoch überführt er diese durch Monumentalisierung des einzelnen Motivs in eine neue, vielschichtige Realität. Auch die Skulptur Übergriffige Argumente – bestehend aus drei Spaten, die, verbunden durch eine Wurzel aus Lehm und Epoxydharz, ein Gebilde ergeben – weckt unzählige historische, kulturelle und politische Assoziationen : an die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“; an den Arbeitsdienst des NS-Regimes, welcher ausgerüstet „Mit Spaten und Ähre“ durch Deutschland zog, um Moore trockenzulegen, Ackerland zu lutivieren oder beim Bau der Reichsautobahnen und des Westwalls mitzuwirken. Ebenso knüpft die Arbeit aber an Werke von Joseph Beuys, Anselm Kiefer oder Rudolf Belling an.


CHRISTIAN HOISCHEN
*1966  in Cologne, lives and works in Berlin

Christian Hoischen works with layers and overlays of meanings. Although the artist uses concrete everyday objects, social status symbols, or set pieces from the world of media in his paintings and sculptures, by making each motif monumental in scale, he migrates them to a new, multilayered reality. For example, the scultpure Übergriffige Argumente (Overbearing Arguments), which consists of three spades joined by a root made of clay and epoxy resin that together form a figure, evokes innumerable historical, cultural, and political associations: with the Nazi „Strength through Joy“ movement; with the Reich Labor Service of the Nazi regime, whose members trekked through Germany equipped with „spades and ears of corn“ to drain marshland, cultivate new farmland, and help construct the highways oft he Third Reich and the West Wall. But Übergriffige Argumente equally links to works by Joseph Beuys, Anselm Kiefer, and Rudolf Belling.

 

 

Ballermann, Die Ausstellung  2006

Christian Hoischen

Die Sujets, die der 1966 geborene Christian Hoischen thematisiert, entstammen oftmals dem Milieu der "Proleten", einer wenig kultivierten Unterschichten Kultur, die eine gewisse Oberflächlichkeit auszeichnet.
So ist Abrieb und Beschleunigung, ein riesiger Sportwagen, den Hoischen 2000 aus Fiberglas und Autolack baute, nicht nur tiefer gelegt, sondern verfügt zudem über nicht weniger als fünf Spoiler. Auch wenn der Wagen durch diese Klimax protzig und unverwechselbar aussieht, erinnert er zugleich an die Fehlbildungen einer Mutation. Der Spoiler ist er in seiner Funktion beraubt, das Statussymbol des coolen und schnellen Autos ad absurdum geführt. In seinen malerischen Werken stellt Christian Hoischen ebenfalls bevorzugt banale, stellenweise kitschige Motive da, etwa eine Rolex-Uhr, Objekt viele Begierden, oder eine Discokugel-beides Gegenstände die synonym für einen Konsum-und partyorientierten Lebensstil stehen - aber auch schöne Frauen in verführerischen Posen oder Pärchen, denen erotische Spannung und Ekstase anzusehen ist wie etwas in "die Welt und das Geeignete II (paar), 2003. Der Künstler verortet das Dargestellte dabei nicht in einem Umfeld, der Hintergrund bleibt vielmehr gegenstandslos, wodurch die Motive noch unmittelbarer wirken. Die Arbeitsweise, die Hoischen dabei einsetzt, ist ungewöhnlich und der Hinterglasmalerei verwandt. Er malt, gießt und kratzt auf einer Fiberglasschicht, die er nach der Aushärtung auf dicke Styroporplatten kaschiert. So entsteht eine glatte, etwas klebrig anmutende Oberfläche, hinter der jedoch die materiellen, häufig unruhig wirkenden Spuren der unterschiedlichen Techniken zu erkennen sind. In seinen fotografischen Arbeiten, zu denen, "Seite 76" ,2002, gehört, verleiht Hoischens Anzeigen aus Männermagazinen einen zusätzlichen Glanz. Er fotografiert sie ab und verwendet dabei einen starken, ungefilterten Blitz, dessen Reflektionen auf dem Original den vermeintlichen Focus männlichen Interesses überblendet. Resümieren ist festzuhalten, dass die Werke von Christian Hoischen vor allem um zwei Aspekte Kreisen: Oberflächlichkeit und Oberfläche. Bezieht sich der eine Begriff auf den motivischen Schwerpunkt, so findet er eine formale Entsprechung in der virtuoseren Oberflächengestaltung von Hoischens Arbeiten.

 

German Open, Gegenwartskunst in Deutschland 2000
Formel 1 a zu den "Gemälden" von Christian Hoischen

 Von Thomas Wulffen

Jedes Bild ist auch Material, Material der Oberfläche und des Trägers. Ein wesentlicher Entwicklungsschritt der modernen Malerei war der Hinweis auf diese Materialität und deren Thematisierung. Die ersten Kollagen im Umkreis des Kubismus oder die Frau Taschen von Max Ernst sind auch eine Referenz auf das Material, wogegen schon die Combine Paintings von Robert Rauschenberg eine Thematisierung darstellen. Die kulminiert im "Erased de Kooning" Von Rauschenberg und findet einen weiteren Höhepunkt in Lucio Fontanas "Putzes concettuale". Der Austritt aus dem Bild ist ohne den Bezug auf das Material nicht vorstellbar.

Diese Beschreibung liefert eine Folie für das Werk von Christian Hoischen. Nur sind die Zeiten heute ganz andere. Dass sie so anders sind, muss im Zusammenhang mit einer digitalen Kultur gesehen werden. Denn in ihr sind aus der Perspektive der Bits und Bytes die gewohnten Gattung Grenzen des Bildes, sei es Malerei, Foto oder Video aufgehoben worden. Die Reduktion der Materialkomponente im digitalen Kot auf die Grundsubstanz Sand beziehungsweise Silizium, Grund Bestandteil des Halbleiterchips, ermöglicht gleichzeitig eine Umsetzung in verschiedenste Medien. Das entscheidende Moment dabei bleibt die Transformation in ein jeweiliges Medium. Dabei mag sich der Transformation Schritt als wesentlicher erweisen als das Medium selber. Es gilt, die Waage zwischen beiden zu halten.

Die Arbeiten von Christian Hoischen nehmen darauf Bezug. Sie präsentieren sich als Gemälde, aber ihre Materialität ist eine hybride, und sie halten damit die Waage. Damit geht der Künstler über die eindeutige Materialität früherer arbeiten hinaus, die gleichzeitig auch im Modus der Selbstreferenz das Material thematisierten. Diese spezifische Materialität zeigte sich auch in den mehr malerischbezogenen arbeiten. Abgebildet wurden einfache Möbel. Die fertigen Arbeiten wurden danach laminiert. Dass das Laminat nicht Plan auf liegt, sondern wählen bildet, ist intendiert. Damit kommen in Bild zwei verschiedene Materialität zueinander und stoßen aufeinander. Zum einen die Oberfläche des gemalten Objekt, zum anderen die Oberfläche des Laminats. Durch die neu gewonnene Glätte wird die malerische Oberfläche verborgen und damit in den Akt des vermisse ins verdeutlicht. Wenn man die Oberflächenstruktur des Möbelobjekt dazu nimmt, öffnet sich dem Betrachter die Tiefe der Oberfläche. Das abgebildete Objekt korrespondiert mit dem Objekt des Laminat und lässt das eine wie das andere sowohl als Bild als auch als Objekt verstehen. Diese Ambiguität ist bedeutsam, weil sie den Blick auf das Verhältnis von Rekonstruktion und Konstruktion eröffnet. Was sich in diesen Arbeiten auf zwei unterschiedlichen Ebenen zeigt, wird in den neueren Werken zusammengezogen in eine Ebene. Die deutlichen Differenzen verschwinden. Oder sie sind verschoben wie in dem Video "Übel"von Christian Hoischen. Es zeigt vier verschiedene Gewaltszenen, denen wir in den üblichen Nachrichtensendungen begegnen. Begleitet werden diese Ereignisse von der Stimme eines Couch-Potatoes, Der gelangweilt-irritiert sich zu den Kommentar aufrafft: "oooh-scheiiße-üüübel-was ist das denn?"

In einer Art negativen Dialektik legt Bild und Stimme zusammen das Verhältnis des distanzierten Beobachters zur Welt offen. Das zeigt sich schon in den Videobildern, die kaum die gewohnte Qualität, sondern schon eine malerische Anmutung besitzen. In der ständigen Wiederholung entleert sich die Information, und nur die Stimme erinnert den Betrachter an das, was er wahrnimmt. Aber das kann die Folie des Verschwindens nicht zum verschwinden bringen. Abrieb führt zur Beschleunigung. Davon spricht Christian Hoischen. Das eine ist Effekt des anderen. Ohne Abrieb gibt es keine Beschleunigung, weil erst die Überwindung des Rollwiderstandes zur Beschleunigung führt. Der Roller wieder stand aber ist Bedingung der Möglichkeit für eine beschleunigte Bewegung. Der Abrieb ist damit nicht nur Verlust, sondern Ausgangspunkt für weitere Ergebnisse.

Ein ähnliches Verhältnis findet sich in den jüngsten Arbeiten von Christian Hoischen. Ausgegangen wird dabei von einem gefundenen Foto, dass der Künstler eins kennt und dann auf einem gewöhnlichen Drucker zum Ausdruck bringt. Die Vorgangsweise erinnert an das oben erwähnte Video. Das Hintergrundbild, dass zur Bearbeitung ausgewählt wurde, wird aufgrund der Größe aus vielen DIN A4 Blättern zusammengesetzt. Ausdruck und Größe geben dem Bild eine spezifische Materialität. Hintergrund dafür ist die Beschleunigung der Bilder in einer digitalen Kultur. Durch die spezifische Umsetzung des digitalisierten Bildes erzeugt Christian Hoischen eine Retardierung, einen Rollwiderstand. Der Vorgang der Beschleunigung wird durch den malerischen Eingriff in Gang gesetzt, denn in ihm werden Elemente des ursprünglichen Bildes verstärkt, verdeckt oder ganz neu bestimmt. Das Bild kommt an.

 

Englisch:

Formula 1 – on Christian Hoischen´s „paintings“

Thomas Wulffen – Translated by Toby Alleyne-Gee

Every picture is also a substance, the substance of the canvas and of the frame. A major step towards the development of modern painting was of new awareness of this materiality and the fact that it was taken as a  theme in itself. The thirst cubist collages and Max Ernst's frottages are also a reference to material, as are Robert Rauschenberg's combine paintings. In Rauschenberg's work, materiality as a subject in its own right is most clearly expressed in Erased de Kooning, reaching another climax in Lucio Fontana's "pittura concettuale". Stepping out of painting would be inconceivable without referring to the substance of the picture. This description couldn't apply to Christian Houschen's work, except that times have changed considerably. The fact that times are so different must be the result of our digitalized culture, who's bits and bytes have destroyed the conventional generic limitations of the picture, B it's a painting, photograph or video. The digital reduction of material components into their constituent parts, such as sons, or rather silicon, a basic component in a semi-conductor-chip, also allows expression in a white range of media. The Desousa's factor is the transformation into another medium, although the actual transformation stage may prove to be more significant than the medium itself not the important thing is to maintain the balance between the two. Christian Hoischen's work refers to this. His creations present themselves S paintings, but there's is a hybrid materiality, and so they maintain the balance. The artist thus goes a step further than the  unequivocal materiality of his earlier works.

This specific materiality also manifested itself in Hoischen's more "painterly" works, which great present it simple pieces of furniture. The finished paintings where laminated, the surface of the laminate being deliberately structured in wave-like curves. Two differing materials - The surface of the painting and that of the laminate - thus collide with each other.

Concealing the surface of the painting with a smooth layer off laminate in fact serves to emphasize it. Consider the surface structure of the piece of furniture, and the depth of the surface will be revealed. The object shown corresponds to the layer of laminate, investing both substances with the double meaning of picture and object. This and ambiguity is significant because it reveals the relationship between re-construction and construction. What in these works is shown on two different levels is compressed onto one level in Hoischen's more recent works.

The clear differences disappear, or are repositioned, ass in the video entitled "Übel" (disgusting). It shows for different scenes of violence of the type we often encounter in news broadcasts. These events are accompanied by the voice of a board couch potato, who manages  to comment: "Oh shit! How disgusting! What's that?"

Image and voice reveal the relationship of the detached up Susan to what he is seeing in kind of negative dialectic. This is also a parent in the video images, which are not of the usual sharpness, but already have a painterly quality. The constant repetition of these images the price of them of their informative function, and only the voice reminds the viewer of what he is seeing. But this cannot make the fury of disappearance disappear. Friction leads to acceleration. This is Christian Hoischen's message. The one is the result of the other. Without friction there can be no acceleration because only by overcoming resistance is acceleration possible. Resistance, however, is what makes accelerated movement possible. Friction is thus not only a loss, but also a starting point for so the results. Christian Hoischen's most recent works also revealed similar internal relationships.

he uses a photograph that he has found as a starting point, scans it and print it on a normal printer. This procedure reminds me of the video mentioned above. Due to its size, The background image is composed of several sheets of A4 paper. The printouts and size of the in that give it a specific kind of materiality. The reason for this is the acceleration of images in a digital culture. Through the specific transformation of a digitalized image, Christian Hoischen creates a delay, resistance. Painterly intervention initiates The process of acceleration. Through this painterly intervention, certain elements of the original image are emphasized, concealed or completely recreated. The picture works.

 

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